Mari März schreibt mehr als Prosa. Ab und zu widmet sie sich auch der Lyrik. Sinnhaftes & Gereimtes aus dem Wahnsinn, den wir Leben nennen ...
Nichts gehört dir.
Oder mir.
Oder uns.
Die Welt ist nicht deine.
Du bist lediglich Gast hier.
Also benimm dich gefälligst!
Hinterlasse etwas Persönliches.
Etwas Positives.
Von mir aus einen Fußabdruck.
Nicht voll mit CO2.
Und schon gar nicht mit dem Anspruch,
dass jemand hineintreten soll.
Schiebe dein Kind bitte nicht in deine Schuhe.
Es ist nicht dein Eigentum.
Sehr wohl aber dein Job als Vater oder Mutter und
Teil der Gesellschaft, es wachsen zu lassen und vorzubereiten,
auf dass es hinausgehen darf in die Welt,
um dort ein gern gesehener Gast zu sein.
Es muss nicht deine Fehler annehmen
und sie schon gar nicht mitnehmen in die Zukunft.
Denn auch unseren Kindern gehört nichts außer das,
was sie mit eigener Kraft erschaffen haben.
Kein Land, kein Territorium.
Heimat ist lediglich ein Gefühl.
Kein Besitz, kein Geburtsrecht.
Also benimm dich gefälligst!
Was uns von Geburt an zustehen sollte,
ist das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung.
Deshalb begrenze sie nicht mit deiner Meinung.
Auch sie gehört dir nicht.
Es gibt nicht deine Wahrheit oder meine.
Sie ist nur eine Illusion, ein flüchtiger Geschmack.
Ein Werkzeug derer, die meinen, mehr zu besitzen.
Aber sie gehört niemandem, du kannst sie nicht mal pachten.
Glaube also nicht, mein Wort hätte mehr Gewicht als deines.
Denn Sprache ist kein Besitz, auch nicht der deiner Mutter.
Sie ist ein Geschenk, das sorgsam gepflegt werden sollte.
Darum sage bitte niemals: mein Gott, mein Land, mein Mann, mein Kind, meine Frau.
Sie gehören dir nicht!
Maximal gehören sie zu dir.
Wenn du es verdient hast.
Also benimm dich gefälligst!
© MARI MÄRZ 2023
Schneller!
Weiter!
Nur nicht zurückschauen!
Immer im Kreis.
Die Zeit ist gefangen
in einem Hamsterrad der Ewigkeit.
Termine.
Deadlines.
Nur nicht zu spät kommen!
Immer im Stress.
Wir sind gefangen
in einer Endlosschleife der Ansprüche.
STOPP!
Stillstand!
Isolation!
Was bedeutet Zeit im Nirwana der Angst?
Die Welt ist gefangen
im Strudel der globalen Ernüchterung.
Hamstern!
Jammern!
Verschwörungstheorien!
Das Haupt der Schöpfung ist leer.
Wir klammern uns an Götzenbilder,
unser Spiegelbild trägt keine Krone mehr.
Zeit für das Wie. Zeit für das Was. Zeit für das Wohin.
Wie soll ich leben? Was macht mich glücklich? Weiß ich, wer ich bin?
Chancen!
Taten!
Helden des Alltags!
Wer oder was ist relevant fürs System?
Gemeinschaft ist, was uns längst verbindet.
Nur konnten wir das bisher nicht sehn.
Länder!
Menschen!
Was ist die Welt?
Erkenntnis frohlockt – es ist noch nicht zu spät.
Entschleunigung bringt uns die Kraft des Wandels.
Wir drehen uns nicht mehr, aber mit uns der Planet.
Zeit für das Wie. Zeit für das Was. Zeit für das Wohin.
Wie soll ich leben? Was macht mich glücklich? Weiß ich, wer ich bin?
Die Zeit ist da, schon immer gewesen.
Die Uhr tickt für jeden gleich.
Was fangen wir an, ist die Menschheit genesen.
Wohin wird die Reise geh’n?
Schneller, weiter sind Begriffe von gestern.
Heute zählt nicht das Wann.
Zeit für das Wie. Zeit für das Was.
Zeit für einen neuen Plan.
So will ich leben. Das macht mich glücklich. Ich weiß jetzt, wer ich bin.
»ZEITWENDE« - MARI MÄRZ © 2020
Was geschieht mit der Wahrheit,
wenn man sie verbiegt?
Wird sie zum Grashalm,
der sich im sanften Winde wiegt?
Wenn sie ins Gegenteil verkehrt,
wird sie dann weniger wahr -
unter dem Mantel der Täuschung
vielleicht sogar unsichtbar?
Die Wahrheit, die wahre,
ist wie ein Gummiband.
Man kann sie formen ... dehnen
und sich für Kurzweil in Sicherheit wähnen.
Aber zerrt man zu sehr an der Wahrheit, der schönen,
sperrt sie ein und versucht sie zu verhöhnen -
bleibt sie doch stets dieselbe: klar und schlicht ...
und kommt immer zurück ans Tageslicht.
Drum täusche sie nicht - die Schwester der Lüge!
Sie lagen einst in derselben Wiege …
© Mari März (2015)
Berlin im Lenz
Nun isse weg, die weiße Pampe.
Dit Zittern is bald och vorbei.
Wirste noch los, die Weihnachtswampe?
Wat soll ick sagen: Bald is Mai!
Dit Bunte sprießt aus jeder Ecke.
Schnieket Lila hübsch am Pflastastein.
Amsel, Drossel, Biene, Zecke -
alle sind da, hier will ick sein.
Los, uffe Bank bei Madame anne Ecke!
Endlich im Freien wieder een Bier.
Kevin umarmt seine Zuckerschnecke.
Der Lenz is da, dit sag ick dir.
Ne laue Brise vertreibt'n Wintermief
Oma sich am Fenster sonnt.
Allet is schön ... een Piepmatz rief.
Jetzt is‘it klar: Der Frühling kommt!
© Mari März (2015)
Sie kam zu dir: stolz und schön im süßen Traum.
Schlägst die Augen gleich auf, doch du wagst es kaum.
Kannst sie noch riechen, ihre Anmut noch spüren,
wie sie dich wollte mit ihrem Liebreiz verführen.
Hab keine Angst, steh auf, werde wach!
Geh sie suchen ... im Wald, auf der Wiese, am Bach!
Du wirst sie finden, denn sie kann es kaum erwarten,
verloren und einsam im längst verlassenen Garten.
Hier stand sie einst, kostbar und makellos anzuschau'n,
in voller Pracht, gleich neben dem Apfelbaum.
Wurde schon einmal geliebt und doch vergessen,
von einem, der durch jämmerlichen Hass zerfressen,
der vor Ignoranz erblindet und Egoismus ertaubt.
Hässliche Gedanken haben ihre Schönheit geraubt.
Siehst du sie dort in ihrem Mantel aus Dornen?
Schön ist sie nicht mehr, doch du musst nicht zornen.
Erkennst du das grüne Zart, vom Moose verdeckt,
das sich zaghaft doch trotzig gen Himmel reckt?
Geh zu ihr, na los, und spende Vertrau'n,
einen Funken Hoffnung und großzügig Raum!
Schaff ihr Freiheit, verlier nicht den Mut!
Bring sie zurück ins Leben! Du machst das gut.
Schenk all deine Liebe ihr und gib nicht auf!
Auch wenn sie sich wehrt, sie wartet darauf.
Vergiss deine Zweifel! Belohnt wird dein Mühen.
Schon bald wird sie wieder majestätisch erblühen.
Aus zartem Grün werden kraftvolle Triebe,
ein sattroter Kelch verströmt den Duft der Liebe.
Vielleicht nicht für ewig, doch länger als ein Traum,
strahlt sie stolz und schön: die Rose am Gartenzaun.
© Mari März (2015)
Was wäre, wenn das Wasser knapp wird:
Wie viele sprengten dann noch ihren Zierrasen?
Was wäre, wenn das Essen knapp wird:
Wie viele wären dann noch überzeugte Vegetarier?
Was wäre, wenn das Fleisch knapp wird:
Wie viele hätten dann noch einen Hund?
Was wäre, wenn das Gemüse knapp wird:
Wie viele Kinder mäkelten dann noch am Spinat?
Was wäre, wenn die Sonne knapp wird:
Wie viele gingen dann wieder ins Solarium?
Was wäre, wenn der Strom knapp wird:
Wie viele könnten dann ohne Smartphone leben?
Was wäre, wenn die Luft knapp wird:
Wie viele würden auch dann nicht aufhören zu reden?
Was wäre, wenn das Leben knapp wird:
Stürben die Arschlöcher dann zuerst?
© Mari März (2014)
wären Feuerwehrleute dann immer noch überbezahlt?
Wenn Du auf der Straße überfallen wirst,
wären Polizisten dann immer noch Bullenschweine?
Wenn Du einen Unfall hast,
wären Ärzte dann immer noch Halsabschneider?
Wenn Dir im Flugzeug schlecht wird,
wäre die Stewardess dann immer noch eine Saftschubse?
Wenn Du Hilfe bei einem Behördenbrief brauchst,
wären Sekretärinnen dann immer noch Tippsen?
Wenn Du vor Gericht Recht bekommst,
wären Anwälte dann immer noch Lackaffen?
Wenn Deine Mutter an Alzheimer erkrankt,
wären Altenpfleger dann immer noch zu dumm für‘s Studium?
Wenn ein Gesetz nach Deinem Geschmack ist,
wären Politiker dann immer noch allesamt Idioten?
Wenn Dein Kind eine Eins nach Hause bringt,
haben Lehrer dann immer noch von nichts eine Ahnung?
Wenn Du in den Spiegel blickst,
bist Du dann immer noch ein Arschloch?
© Mari März (2014)
Der Schleimer
ist von gar seltener Natur.
Er liebt die Schmeichelei -
subtil oder pur.
Er lobt nicht sich selbst,
nein, nur die ihm nützen.
Trifft er auf Charakter,
bleibt er auf seinem Lob sitzen.
Doch Charakter ist rar
in den Büroetagen der Welt.
Drum vermehrt er sich schnell,
wenn niemand beißt oder bellt.
Und kommt doch einer her
mit Kompetenz und Mut,
nimmt nicht der Schleimer,
sondern der Könner seinen Hut.
Der Chef, der schlechte,
kann vom Lob des Schleimers nichts kaufen.
Drum soll er in gerechter Strafe
am hohlen Geschwätz ersaufen.
Und wer hier denkt,
diese Kreatur sei nur maskulin.
Good Gender sei Dank –
es gibt auch die SchleimerIn.
© Mari März (2014)
Einst war ich ein bunter Vogel
in einem Käfig aus tristem Stahl.
Ich sang mein schönstes Lied,
kannte weder Hunger noch Qual.
Der Käfig wurde golden,
doch meine Stimme, die brach.
Es war nicht der Prunk,
sondern Kummer und Schmach.
Da saß ich nun -
Tag ein, Tag aus -
und sah zu dem Baume draußen
vor dem Fenster hinaus.
Einmal wie der Baum sein,
so groß und voller Macht.
Bei Sonne in sattem Grün,
majestätisch bei Nacht.
Ein Sturm kam auf,
es zerbrach ein Ast.
Nicht nur das Fenster dort,
auch mein Käfig zerbarst.
Eine frische Brise wehte
durch des Käfigs Tor herein.
Es war dieselbe Luft,
doch sie hauchte mir neue Träume ein.
Einmal die Welt sehen,
nur ein einziges Mal.
Aber ich blieb, wo ich war.
Die Träume wurden schal.
Ich erblickte das Kettchen,
das umwand meinen Fuß.
Ich zog daran...
Es zerbrach - zu meinem Verdruss.
Was sollte ich tun?
Wo sollte ich hin?
In die weite Welt
oder bleiben, wie ich bin?
Ein Windzug kam
und wehte durch mein Gefieder.
Wozu hab ich Flügel?
Ich hüpfte auf und nieder.
Flieg los, kleiner Vogel!
Tu das, wozu du geboren!
Und ich flog hinaus
und fühlte mich verloren.
Doch ich flog weiter -
um die ganze Welt und zurück.
Ich sah andere Länder,
was war das ein Glück.
Und ich kehrte wieder -
nicht nach Haus, sondern zu mir.
Ich hatte mich gefunden
in dem wunderschönen Baume hier.
Ich sah durch mein Fenster,
ein zartes Liedlein erklang.
Dort saß ein bunter Vogel,
der im Käfig dort sang.
Ich war neu geboren,
denn die Erkenntnis war mein.
Nichts macht mich glücklicher,
als frei zu sein.
© Mari März (2014)